Die Gründung des Personenkomitees zur Unterstützung der Frauen- und Jugendbewegung im Iran – Die Mahsa Jina Amini Initiative

Der Iran hat seit Jahrtausenden seinen Beitrag zur Zivilisation und Kultur der Menschheit geleistet, immer wieder gingen von ihm Impulse aus, welche die Geschichte mitgestalteten. Geographisch in einer Lage, die seit jeher politscher und sozialer Brennpunkt gewesen ist, waren die Menschen dieses Landes stets aufgefordert, ihre kulturelle und politische Identität zu behaupten.

Mit dem Niedergang des Schah-Regimes im Februar 1979 hofften viele IranerInnen, dass der Iran sich in Freiheit und Unabhängigkeit im Sinne der Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Humanität entwickeln würde. Dies wurde jedoch durch die Machtübernahme von Ayatollah Khomeini zunichte gemacht. Die iranische Gegenwart ist gekennzeichnet von der Unterdrückung jeglicher Freiheiten. Es gibt keine Meinungs- und Versammlungsfreiheit, keine Presse- und Informationsfreiheit und keine Religionsfreiheit. Die ethnischen und religiösen Minderheiten werden unterdrückt. Den Angehörigen der Bahai- Gemeinschaft im Iran wird der Zugang zu Bildung und Arbeit verwehrt. Rechtsstaatliche Grundsätze fehlen zur Gänze. Die Folter politisch Andersdenkender ist an der Tagesordnung. Verhaftungen und Hinrichtungen geschehen ohne Anklage, ohne Gerichtsverfahren und ohne Möglichkeit zur Verteidigung. Die Gefängnisse sind voll von Männern und Frauen, manchmal sogar von Kindern, die unter nichtigem Vorwand festgenommen werden. Die Terrorisierung der Bevölkerung, vor allem der Frauen, durch die paramilitärischen Einheiten wie die „Basidj“ und Sittenwächter „Gashté Ershad“ ist an der Tagesordnung.

Die seit Wochen andauernden Proteste der Frauen und der Jugend im Iran sind im Grunde genommen als die Fortsetzung der im Dezember 2017 begonnenen Proteste der iranischen Bevölkerung anzusehen, die nicht nur wegen der Wirtschaftsmisere, hoher Jugendarbeitslosigkeit, wachsender Einkommensunterschiede und Verteuerung der lebenswichtigen Güter auf die Straßen ging, sondern sind auch ein Ausdruck der landesweiten Ablehnung eines korrupten und repressiven Systems gewesen, das seit 43 Jahren im Lande herrscht. Durch weitverbreitete Korruption und Machtmissbrauch hat das Regime in den Augen vieler seiner Anhänger die religiöse und gesellschaftspolitische Legitimität verloren und genießt somit kein Ansehen mehr innerhalb der iranischen Bevölkerung. Außenpolitisch betrachtet, hat die Islamische Republik Iran durch ihre militärischen Aktivitäten im Nahen Osten, insbesondere in Syrien, Jemen, im Libanon und Irak, die Stabilität und den Frieden in der Region beeinträchtigt.

Der Tod der jungen Frau Mahsa Jina Amini, die von den „Sittenwächtern“ wegen Nichtbeachtung der islamischen Hijab verhaftet und in der Folge durch Schläge auf den Kopf verstorben ist, stellt einen neuen Abschnitt in der dreiundvierzigjährigen Geschichte des Bestehens der Islamischen Republik Iran dar. Die andauernden Proteste sind die größten landesweiten Demonstrationen seit den Präsidentenwahlen von 2009, als über eine Million Menschen auf die Straßen gingen, um gegen den damaligen Wahlbetrug zu demonstrieren. In den vergangenen Wochen gingen vor allem junge Menschen in 80 Städten auf die Straßen, um gegen die Tötung von Mahsa Jina Amini zu protestieren. Es ist der Aufstand der Frauen gegen ihre vier Jahrzehnte währende Unterdrückung und Diskriminierung im iranischen Gottesstaat. „Zan, Zendegi, Azadi – Frau, Leben, Freiheit“ sind die Hauptslogans der gegenwärtigen Proteste im Iran. Die öffentliche Verbrennung von Kopftüchern ist zu einem Symbol des Kampfes gegen die Unterdrückung der Frau im islamischen Gottesstatt geworden. Eine solche Protestaktion hat es noch nie gegeben

Signifikant bei diesen Protesten ist auch das Faktum, dass die Männer diesmal bewusst gemeinsam mit Frauen auf die Straße gehen, um die Frauenbewegung als solche im Iran zu unterstützen und den Forderungen nach Abschaffung des Hijab-Zwangs sowie der Diskriminierung gegen die Frauen Nachdruck zu verleihen. Es ist auch der Aufstand der jungen Menschen zwischen 16 und 25 Jahren, einer jungen Generation der Islamischen Republik Iran, die sich ebenso gegen die jahrelange Repression und Unterdrückung zur Wehr setzt.

In dieser Situation ist es mehr denn je notwendig, nicht nur die Öffentlichkeit, besonders in Österreich und den EU-Mitgliedstaaten, auf die iranische Tragödie aufmerksam zu machen, sondern auch durch Appelle an die europäischen Mitgliedstaaten sowie den Europarat dem Einfluss sowie den Aktivitäten der Staatsführung der Islamischen Republik Iran im Ausland Einhalt zu gebieten.

Zu diesem Zweck ist das „Personenkomitee zur Unterstützung der Frauen- und Jugendbewegung im Iran – Die Mahsa Jina Amini Initiative“ gegründet worden.

Die Ziele und Aufgaben des „Personenkomitees“ sind wie folgt:

  • Die Öffentlichkeit in Österreich, die EU-Mitgliedstaaten, den Europarat, das Europäische Parlament sowie den UN-Menschenrechtsrat über den Fortgang und die weiteren Entwicklungen der Frauen- und Jugendbewegung im Iran zu informieren.
  • Durch Appelle an die oben erwähnten Institutionen nachstehende Forderungen zu erheben:
    1. Stärkere Kontrolle bei Firmengründungen von in Österreich und anderen EU- Mitgliedstaaten ansässigen iranischen Staatsangehörigen, die der Staatsführung des Iran nahestehen. Bei den derartigen Gründungen handelt es sich meistens um Scheinfirmen, um einerseits die UN- bzw. US-Sanktionen zu umgehen, und andererseits beträchtliche Gelder aus dem Iran ins Ausland zu transferieren.
    2. Initiativen zu setzen, damit es möglich wird, die oben erwähnten Gelder einzufrieren bzw. zu beschlagnahmen, die auf diese Weise ins Ausland gebracht wurden, um sie später einer demokratischen Regierung im Iran zurückzuerstatten.
    3. EinschneidendeVisabeschränkungenfüriranischeStaatsbürger,insbesonderefür Söhne und Töchter von Mitgliedern der Staatsführung des Iran bzw. jene, die der Staatsführung bzw. den Sicherheitskräften des Landes nahestehen, in Aussicht zu stellen.
    4. Eine stärkere Kontrolle bzw. Identifikation von jenen europäischen Firmen, die auf dem Informations- Kommunikationssektor tätig sind und mit der Islamischen Republik Iran Wirtschaftsbeziehungen pflegen, vorzunehmen. Denn es ist bekannt, dass die Abschaltung des Internets im Iran, um die Kommunikation zwischen den Jugendlichen und Demonstranten untereinander zu unterbinden, mit Hilfe europäischer Firmen ermöglicht wurde.
    5. Gemäß den Bestimmungen des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen 1961 die Anzahl des Botschaftspersonals der Islamischen Republik Iran im Ausland soweit als möglich zu reduzieren. Denn es ist bekannt, dass eine große Anzahl des im Ausland akkreditierten Botschaftspersonals aus den Sicherheitsleuten besteht, die von Revolutionsgardisten bzw. dem iranischen Informationsministerium gestellt werden. Diese Sicherheitsleute haben die Hauptaufgabe, über einzelne iranische Oppositionelle im Ausland mit entsprechendem audio-visuellen Material nach Teheran zu berichten. Diese Beobachtungen im Ausland führen dazu, dass die Angehörigen der betreffenden Person im Iran seitens der Sicherheitskräfte Repressalien und politischer Verfolgung ausgesetzt sind.
    6. Eine eingehende Überprüfung der Asylanträge von iranischen Asylwerbern zu veranlassen, da seit geraumer Zeit ehemalige Angehörige des iranischen Regimes in Österreich um politisches Asyl angesucht haben.

Dieses Personenkomitee ruft auch alle demokratisch und humanitär gesinnten Menschen in Österreich auf, sich für die Verwirklichung der Menschenrechte und die Errichtung einer demokratischen Gesellschaftsordnung im Iran einzusetzen.

Das „Personenkomitees zur Unterstützung der Frauen- und Jugendbewegung im Iran – Die Mahsa Jina Amini Initiative“ ist überparteilich und in politischer und finanzieller Hinsicht völlig unabhängig. Die Grundlage seiner Tätigkeit bildet die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, der UN-Pakt über politische und bürgerliche Rechte (1966), das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1979) und die Kinderrechtskonvention 1989.

Initiatoren/Initiatorinnen des Personenkomitees:

  • Dr. Homayoun ALIZADEH, Ministerialrat i. R. (BMI);
  • Dr. Heidemarie FENZL, Ministerialrätin i. R. (BMI);
  • Dr. Georg LENNKH, Botschafter i. R. (BMEIA);
  • Arash TAJMIR RIAHI, Filmemacher, Präsident der Akademie des Österreichischen Films.

Dem Personenkomitee sind die nachstehenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in chronologischer Reihenfolge als Ehrenmitglieder beigetreten (Stand 30.11.2022):

  1. Frau Elfriede Jelinek, Schriftstellerin, Literaturnobelpreis (2004).
  2. Frau Mag. Dr. Heide Schmidt, ehemalige Abgeordnete zum Nationalrat undGründerin des Liberalen Forums.
  3. Frau Mag. Terezija Stoisits, ehemalige Volksanwältin und die längst dienendeAbgeordnete der Grünen im Nationalrat.
  4. Frau Monika Helfer, Schriftstellerin.
  5. Herr Michael Köhlmeier, Schriftsteller und Hörbuchsprecher.
  6. Frau Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Abgeordnete zum Nationalrat, Grüne.
  7. Herr Dr. Helmut Brandstätter, Abgeordneter zum Nationalrat, NEOS.
  8. Frau Gertraud Knoll-Lacina, ehemalige Superintendentin, Präsidentschaftskandidatin(1998), SPÖ Politikerin.
  9. Frau Eva Maria Holzleitner, Abgeordnete zum Nationalrat, SPÖ.
  10. Herr Nikolaus Kunrath, Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderates, Grüne.
  11. Herr Prof. Stefan Schennach, Mitglied des Bundesrates, Mitglied des Europarates, Vorsitzender der SPÖ-Fraktion im Bundesrat.
  12. Herr Mag. Martin Engelberg, Abgeordneter zum Nationalrat, ÖVP.
  13. Frau Dr. Gudrun Kugler, Abgeordnete zum Nationalrat, ÖVP.
  14. Herr Dr. Reinhold Lopatka, Abgeordneter zum Nationalrat, ÖVP.
  15. Herr Univ. Prof. Dr. Manfred Nowak, Menschenrechtsexperte und Generalsekretär des „Global Campus of Human Rights“, Venedig, Italien.
  16. Herr Dr. Hannes Swoboda, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments (1996-2014) und Präsident des Internationalen Instituts für Frieden.

Das Personenkomitees zur Unterstützung der Frauen- und Jugendbewegung im Iran – Die Mahsa Jina Amini Initiative wurde gemäß § 11 und § 13 (2) des Vereinsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 66/2002, am 29. Dezember 2022 bei der Vereinsbehörde der Landespolizeidirektion Wien mit der Geschäftszahl III-4636 als Verein registriert.

Kontaktadresse:

E-Mail: iran@mahsaamini.at

Bei der nachstehend angeführten Pressekonferenz vom 1. Dezember 2022 wurde unter anderem die Gründung des oben erwähnten Personenkomitees der Öffentlichkeit vorgestellt.