UN-Diplomat: „Situation sehr gefährlich“

Österreichische Augenzeugen bestätigen Putschversuch des Militärs

Redaktion 

20. September 2006, 13:18Bangkok/Wien – In der thailändischen Hauptstadt Bangkok dürfte ein Putschversuch im Gang sein. Das berichten österreichische Augenzeugen. Das Regierungsgebäude sei vom Militär besetzt, die staatlichen Fernseh- und Radioprogramme unterbrochen und gleichgeschaltet worden, so Homayoun Alizadeh Dienstagabend im Gespräch mit der APA. Der Österreicher arbeitet als UN-Diplomat und ist in Bangkok als Regionalvertreter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Süd-Ost-Asien tätig.

„Derzeit sind viele Soldaten in der Stadt unterwegs. Man hat uns gesagt, wir sollen nicht rausgehen. Die Situation kann heute Nacht sehr gefährlich werden“, berichtet Homayoun. Die Armee dürfte nicht nur Regierungsgebäude, sondern auch den staatlichen Fernseh- und Radiosender eingenommen haben. Der thailändische Ministerpräsident Thaksin Shinawatra habe den Ausnahmezustand über das Land verhängt und darüber hinaus den Armeechef entlassen, wusste auch Alizadeh zu berichten, dessen UN-Büro sich in der Nähe der Regierungsgebäude befindet.

Tiefe politische Krise

In Thailand gibt es seit einigen Monaten eine tiefe politische Krise. Das Verfassungsgericht hatte im Mai die Parlamentswahl von Anfang April für ungültig erklärt und Neuwahlen empfohlen. Nach der Annullierung sollten die Bürger am 22. Oktober in einem zweiten Anlauf über ein neues Abgeordnetenhaus abstimmen. Regierungschef Thaksin, der sich derzeit bei der UN-Vollversammlung in New York aufhält, wurde wiederholt Machtmissbrauch und Korruption vorgeworfen. Erst Mitte August hatte die thailändische Polizei nach eigenen Angaben ein Attentat auf den Ministerpräsidenten verhindert. In der Folge wurden Armee-Offiziere, die in die Anschlagsvorbereitungen involviert gewesen sein sollen, verhaftet.

Nach Meinung des österreichischen UN-Diplomaten Alizadeh werde in dieser heiklen Situation nun viel an König Bhumibol Adulyadej (Rama IX.) liegen, der in der Bevölkerung über hohes Ansehen und breites Vertrauen verfügt.Alizadeh arbeitet seit dem Frühjahr in der UNO-Mission in Bangkok. Davor war er in der sudanesischen Hauptstadt Khartum, auf einem Verwaltungsposten in der West-Sahara und als Menschenrechtsbeobachter in Ruanda tätig. Der gebürtige Perser kam 1969 nach Wien, blieb in Österreich und engagierte sich hier für Menschenrechte im Iran. Nach seinem Studium war er im Innenministerium als Beamter für Flüchtlingsfragen zuständig, danach wechselte er als Diplomat zur UNO. (APA)

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