Gespräch: „Es geht jetzt um nackte humanitäre Hilfe“
Homayoun Alizadeh, der Leiter des UN-Menschenrechtskommissariats in Bangkok, sieht die Angst des Regimes vor politischer Einflussnahme als größtes Hindernis für effektive Hilfe – Mit dem österreichischen UN-Diplomaten sprach Eric Frey
Redaktion
19. Mai 2008, 10:55
Standard: Nach und nach erfährt die Welt von der schrecklichen Lage in Burma. Welche Rolle spielt dabei die Politik des Regimes?
Alizadeh: Die Situation ist sehr prekär und die Regierung wird damit nicht fertig. Nach dem Tsunami 2004 hat Indonesien die Grenzen sofort aufgemacht und damit die Hilfe für Aceh erleichtert. Jetzt hat es Tage gedauert, bis Myanmar zugestimmt hat, dass westliche Hilfskräfte ins Land kommen. Die Regierung fürchtet, dass hinter der Hilfe politische Absichten stehen, dass die Ausländer sich ein Bild von der politischen Lage machen wollen.
Standard: Ist diese Angst berechtigt?
Alizadeh: Nein, wir in der UNO hängen die Menschenrechtsfrage niedrig und sagen: Es geht nicht um Politik, sondern darum, Menschen in größter Not zu helfen. Natürlich werden wir schauen, dass Kinder als erstes versorgt werden und keine ethnischen Gruppen benachteiligt werden. Aber es geht jetzt um nackte humanitäre Hilfe. Auch westliche Regierungen und NGOs sollten Hilfe ohne jeden politischen Hintergrund gewähren. Dafür muss die Regierung ausländische Helfer ins Land lassen.
Standard: Kann man nicht einfach nur Hilfslieferungen schicken?
Alizadeh: Nein. Es braucht Leute vor Ort, sonst kommen die Sachen nicht an. Vor allem benötigen wir Experten mit besonderem Verhandlungsgeschick, um bürokratische Hürden zu überwinden.
Standard: Wie wird in Thailand die Reaktion des Regimes gesehen?
Alizadeh: Die Presseberichte sind sehr kritisch. Es heißt: Die Hilfe ist da, aber sie kommt wegen politischer Hürden nicht an.“ (Eric Frey, DER STANDARD Printausgabe, 9.5.2008)
ZUR PERSON: Menschenrechtsaktivist Homayoun Alizadeh (56) arbeitete einst für das Wiener Innenministerium und seit 1995 für die UNO in Ruanda, Sudan und Genf. Seit 2006 leitet er das Büro des UN-Menschenrechtskommissars für Südostasien.
https://www.derstandard.at/story/3331341/gespraech-es-geht-jetzt-um-nackte-humanitaere-hilfe